Pettenkofer, Max von, Mediziner und Hygieniker (1818-1901).

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Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „Max Pettenkofer“. München, 18. XI. 1848, 23 x 14 cm. 4 Seiten. Doppelblatt.

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Beschreibung

An seinen Freund, den Juristen Johannes Roth mit Glückwünschen zur Verlobung und zur neuen Stellung als Akzessist in Schillingsfürst: „[…] Du wirst wahrscheinlich aus Zeitungen schon wissen, daß ich zu dem Universitätencongreß in Jena als Deputirter gewählt wurde. Da ich nun bis Jena auf Regiments-Unkosten den Weg machen konnte, so benützte ich diese Gelegenheit und machte, um Berlin zu sehen, einen kleinen Umweg über Leipzig pp. – Als Resultat meiner Fahrt kann ich Dir mitteilen, daß ich die Welt allerwärts unaufrichtig, hinterlistig, feig und hochmüthig gefunden habe. – Die Resultate, die unsere Berathungen in Jena erzielten, waren nicht groß – und was mich zumeist verdrießt, daß von den Regierungen dieselben nicht nur nicht beachtet, sondern ihnen ganz zuwiderlaufende Verordnungen erlassen. Am 2t. Oktober kam ich wieder nach München zurück – Am 4t. Oktober wurde Helene nachts 2 Uhr entbunden – und zwar denke Dir meinen freudigen Schrecken! von Zwillingen! 2 Mädchen. – Sie leben, und sind bis jetzt Gott Lob! gesund! – Mein Sohn Xaver, die einzige Freude und der Abgott seiner Mutter, ist auch wohl auf – er fängt bereits zu Laufen an. – Aber Arbeit und Plage hat ein so reichlicher Segen des Himmels reichlich in seinem Gefolge […] In diesem Wintersemester lese ich mit Beifall allgemeine Chemie mit Stöchiometrie – ich habe gegenwärtig 21 inscribirte Zuhörer – was mich sehr wundert, da ich fürchtete es möchten sich gar keine Studenten finden, die es mit ihrer Ehre vereinbar fänden bei mir zu hören. Denn denke, was der alte [Heinrich August ] Vogel, dessen Monopol bisher allgemeine Chemie war, unter den Studenten verbreiten ließ, als er von meiner Collegien-Ankündigung erfuhr: ich sey ein ganz liederlicher und verdorbener Mensch – ein wahrer Lumpaci […] gewesen – ich sey vor noch wenigen Jahren mit Schauspielerbanden herum gezogen – es könne daher unmöglich mit meinen Kenntnissen weit herseyn. – Vorläufig beobachte Stillschweigen über diese meine Mittheilung. Ich sammle eben Materialien, um unverhofft Vogel sen. und jun. mit Erfolg als Verläumder und Ehrabschneider verklagen zu können – wenn mirs gelingt, die notwendigen Facta zu sammeln, so sollen die beiden Herren schlecht weg kommen. – Sollte ein Zeuge bezüglich meines Lebenswandels während der Zeit als ich (im Jahre 40) Schauspieler war, oder vielmehr werden wollte, nothwendig werden, so erlaube mir – Dich aufzurufen, da Du mich und meine Aufführung genau kennen zu lernen Gelegenheit hattest. Man kann es mir unmöglich als etwas Nachtheiliges nachsagen, daß ich Schauspieler werden wollte, so wenig, als wenn ich ein Jahr meines Lebens vergeudet hätte in der fruchtlosen Bemühung, etwa Maler oder Musikvirtuos zu werden […]“ – Kleiner Einriss.