Brod, Max, Schriftsteller (1884-1968).

450,00 

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Tel Aviv, 21. VI. 1950, Gr.-8° (22 x 14 cm). 2 Seiten. Absenderstempel.

Vorrätig

Beschreibung

An den Schriftsteller Lutz Weltmann (1901-1967) in London: „[…] der Grund meiner Schreibfaulheit wird Sie als einen Freund gewiß freuen: ich stecke Hals über Kopf in meiner Arbeit an dem Jesusroman, von dem ich Ihnen ja geschrieben habe. Es kam schon vor, daß ich zu Mittag ein Butterbrot esse, um Zeit zu sparen. So intensiv arbeite ich. – Pardon, es muß oben natürlich Margarinebrot heißen. Butter ist bei uns eine Rarität geworden. Ejn dawar, das heißt Hebräisch etwa: ‚Es liegt nichts daran‘. – Wie gesagt, ich arbeite auf höchsten Touren. Und nun erhielt ich gar noch die freudige Nachricht, daß ein großer amerikanischer Verlag diesen Roman angenommen hat. Ich bemühe mich, zum Jahresende fertig zu werden, dann wird das Buch im Herbst 1951 übersetzt vorliegen und, wie ich hoffe, meine ganze literarische Position ändern, die darunter leidet, daß ich in angelsächsischen Ländern wenig bekannt bin […] Daß Sie aber schon heute für das Verständnis meiner Werke kämpfen: dafür bin ich Ihnen aufrichtig dankbar. Bin schon sehr gespannt auf ihren Essay in ‚German Life and Letters‘. Wann erscheint er? Ich weiß nicht genau, ob ich Ihnen mein Buch ‚Diesseitswunder‘ geschickt habe. Ich wollte es tun, lebe aber jetzt so fanatisch in meinem neuen Roman, daß ich vieles vergesse oder falsch erledige […] Besonders hat mich gefreut, daß Sie einiges für Ihr Leben aus meiner Unterscheidung ‚Edles‘ und ‚unedles‘ Unglück entnommen haben. Bei Diskussionen, die ich hier mit der Jugend eines Gymnasiums über Kafka hatte (in hebräischer Sprache!), zeigte es sich, wie diesen radikalisierten Linkselementen gegenüber meine Unterscheidung fruchtbar werden könnte, – wenn, ja wenn man von ihr Notiz nähme. Kein Zweifel, das wird noch kommen aber inzwischen kann die Welt kaputtgeschlagen sein. Wundervoll und völlig meine Auffassung deckend ist der von Ihnen zitierte Goethe-Vierzeiler über Jesus. Wo steht er? Ich kannte ihn nicht […]“ – Weltmanns Aufsatz „Kafka’s Friend, Max Brod: The Work of a Mediator“ erschien in: German Life and Letters, vol. IV/1, October 1950, p. 46-50. Mit dem Vierzeiler Goethes ist wohl „Jesus fühlte rein und dachte […]“ aus dem West-Östlichen Diwan (An Suleika) gemeint.