Brod, Max, Schriftsteller (1884-1968).

700,00 

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Tel Aviv, 12. IV. 1950, Gr.-8° (22 x 14 cm). 4 Seiten.Doppelblatt.

Vorrätig

Beschreibung

Langer philosophischer Brief an den Schriftsteller Lutz Weltmann (1901-1967) in London: „[…] Ehrgeizig bin ich nicht und habe mich in den letzten Jahren dazu erzogen, nur in der Arbeit selbst, in den schöpferischen Stunden das Erstrebenswerte zu sehen. Wie kann man eigentlich, wenn man solcher Stunden teilhaft geworden ist, auch noch den Dank der Welt, Belohnung irgendwelcher Art, Ruhm etc. verlangen? Das ist die Theorie – und wenn der Geist über mir und in mir ist, dann will und brauche ich auch nichts anderes. Aber es gibt das ‚Intermittierende‘, wie ich es in ‚Diesseits und Jenseits‘ beschrieben habe, – da schnappt man wie der Fisch auf dem Trockenen […] Ich glaube, daß meine Unterscheidung von ‚edlen‘ und ‚unedlem Glück‘ eine fundamentale Entdeckung ist, die sich, lange nachdem ich nicht mehr leben werde, zum Nutzen der armen irrenden Menschheit noch folgenreich bewähren wird. Ich tröste mich damit, daß auch Spinozas ‚Ethik‘, als er starb, noch völlig unbekannt, ja ungedruckt war … Kennen Sie übrigens mein kleines Buch ‚Das Diesseitswunder‘, das kürzlich in Deutschland neu erschienen ist? Auf 100 Seiten habe ich da meine ganze Philosophie und meine politischen Überzeugungen zusammengefaßt, – bis auf jene weiteren Erkenntnisse, die ich dann erst, als ich an ‚Diesseits und Jenseits‘ schrieb, sichten konnte [… über Irrtümer von Alan Pryce-Jones …] so zum Beispiel, daß Kafka jünger war als ich […] oder daß Kafka von einer ganzen Kompagnie ediert wird (faktisch ich allein) oder daß ich ‚forgotten‘ bin, außer in meiner Heimat (welche meint er? die Tschechoslowakei oder das deutsche Sprachgebiet oder meine wirkliche Heimat Israel?), faktisch erscheint gerade jetzt zu Ostern mein ‚Tycho Brache‘ in der Schweiz im 105. Tausend […] gleichzeitig erscheint mein zweites Kafkabuch ‚La foi de Franz Kafka‘ und mein ‚Reubeni‘ in Paris. Also einige Lebenszeichen gibt der vergessene Autor doch noch von sich […]“