Wagner, Cosima, geb. Liszt, zweite Frau Richard Wagners (1837-1930).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „C. Wagner „. Bayreuth, 13. VI. 1876, Gr.-8°. 2 Seiten auf 1 Doppelblatt, eng beschrieben.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Inhaltsreicher Brief an den kaiserlichen Obersthofmeister Rudolph von Liechtenstein (1838-1908) auf Schloss Neulengbach bei Wien, der seit Wagners Wiener Zeit (1861-1863) ein Bewunderer und Förderer des Komponisten war. Cosima Wagner erzählt mit Ergriffenheit von den Proben zu „Rheingold“ kurz vor der Eröffnung der ersten Bayreuther Festspiele: „[…] Seit zehn Tagen leben wir das absonderlichste Leben dass man sich vorstellen kann, ich möchte es schön finden, wenn die Kraft mir dazu geblieben wäre. Mit der erstaunlichsten Pünktlichkeit sind alle Mitwirkenden eingetroffen, und Probleme welche noch an dem Vorabend der Proben für unlösbar galten, sind in heiterem Enthusiasmus gelöst, wie z.b. das Schwimmende Singen der Rheintöchter, das Klettern des Alberich. Als die erste Arrangir-Probe der Rheinscene vorbei war, brach das zusehende Orchester in einem Jubel aus wie ich es noch nicht, von dem grössten Auditorium gehört. Unbeschreiblich klingt das Orchester, und der blosse Eintritt in das Theater wirkt so magisch, feierlich erhaben, dass wir alle sprachlos ergriffen davon waren. Keiner Vorbereitung noch Erziehung wird unser Publicum bedürfen, es braucht nur einzutreten und gestimmt zu werden wie es notwendig ist. Heute haben wir die letzte Einzelprobe von Rheingold. Es ist gewiss ein einziges Schauspiel das Genie so bei sich, in seinem Elemente, und in seinem Wirken zu sehen, bewahre ihm der Himmel nur die physische Kraft, neben den schwermüthigen Gedanken die mich nicht verlassen, schwebt stets die Sorge. […]“. Reflexion und Erwähnung finden ferner die in Bayreuth zu erwartenden Gäste, Künstler und Mäzene, so auch der 32. Sultan der Osmanen Abdülaziz: „[…] Mittlerweile ist auch einer unserer liebenswürdigsten Patrone gestorben; wie schön hatte doch, durch seinen Botschafter, Abdul-Assiz über die erneuerten Olympischen Spiele in Bayreuth, welchen er seine ganze Theilnahme zuwenden müsse, schreiben lassen! […] Können Sie mir sagen wie es der Sarrazenin geht, und wann Sie kommt? Excellenz Hofmann schrieb wegen ‚hoher Politik‘ könne er erst dem 2ten Cyclus beiwohnen […]. Ich denke das kümmert Sie wenig und Sie kommen schon zu einigen Proben; ich bitte es mich wissen zu lassen meines alten Kirchenrathes wegen. Ich erhalte soeben einige Zeilen von Semper den Sie auch hier treffen werden […]“. – Die Orchesterproben zu „Rheingold“, so Cosima Wagner in ihren Tagebüchern (S. 989), hatten am 3. Juni begonnen. Der Kunstliebhaber und Wagner-Verehrer Sultan Abdülaziz hatte den Bau des Richard-Wagner-Festspielhauses in Bayreuth mit einer Spende in Höhe von ungefähr 70.000 Euro (nach heutiger Kaufkraft) unterstützt. Dessen Eröffnung am 13. August mit der Uraufführung des kompletten „Rings des Nibelungen“ erlebte der am 4. Juni 1876 Verstorbene nicht mehr.