Beschreibung
Typischer Scherzbrief, möglicherweise an Hermann Budzislawski (1901-1978): „Sehr verehrter Herr Leidensgenosse, höre soehmt, dass Ihnen Ihre werte Frau Frau durchgegangen ist und gratuliere I[h]nen herzlichst. Möchte gleichzeitig mal anfragen, ob Sie gewillt sind, unserm | Reichsbund deutscher Hahnreie | beizutreten, (Ehrenprotektorat: Seine Majestät Wilhelm II) – Jahresbeitrag 69 M. Der RDH hat es sich zum Ziele gesetzt, die Belange der deutschen Reie und Hahnreie im Reichstag zu vertreten und für ihre standesgemässe Behandlung den erbitterten Kampf zu führen, der uns schon immer gefehlt hat. Wir sind ein armes Volk und müssen uns eben nach dem Dawes-Plan strecken – die alte, deutsche Tüchtigkeit hats aber noch immer geschafft, und da[r]um bitten wir auch Sie, sehr geehrter Herr Professor, ihre Rei-schaft auf uns übertragen zu wollen. Unserer Klubdiener putzt den Mitgliedern jeden Morgen die Hörner. Mit deutschem Hussa-Hoho! […]“ – Tucholsky lebte vom Frühjahr 1924 bis 1930 als Auslandskorrespondent in Frankreich, zunächst in Paris. Dort schrieb er im Herbst 1925 auch über das Wort „Hahnrei“: „‚Hahnrei‘ ist ein Wort, für das selbst der alles wissende Doktor Wasserzieher in seinem ‚Ableitenden Wörterbuch der deutschen Sprache‘ keine Erklärung gibt und das ein gesunder Mensch wohl nur ausspricht, wenn man ihn fragt, was ‚cocu‘ auf deutsch heißt.“ (Peter Panter, Noch einmal französische Witze, in: Vossische Zeitung, 10. 9. 1925; wieder in: Lerne Lachen […]). – „Der Brief ist von Tucholsky. Es passt einfach zu seinem Stil, von diesen Scherzbriefen haben wir bereits etliche“ (frdl. Mitteilung von U. von Bülow, DLA Marbach, Handschriftenabt.). – In der neuen Tucholsky-Gesamtausgabe offenbar nur in den Anmerkungen gedruckt. – Reserviert bis 10. Oktober 2012 (Frankfurter Buchmesse).