Beschreibung
Prachtvoller, früher Brief an Hippolyt von Vignau, damals Intendant des Hoftheaters in Dessau, dem er eine Schülerin und spätere Ehefrau Pauline de Ahna empfiehlt: „[…] Verzeihen Sie, wenn ich es schon wieder wage, Ihnen mit einer Anfrage lästig zu fallen – aber ich habe so verschiedene Schützlinge unter Dach und Fach zu bringen und mit diesen Schützlingen werden nun leider diejenigen Männer von Einfluß, zu denen ich künstlerisch und menschlich das größte Vertrauen habe, in erster Linie zu beglücken versucht. Mein diesmaliges Anliegen betrifft meine Schülerin Pauline de Ahna, die nächsten Sommer Weimar verläßt und für welche ich auf der schweren Suche nach einem für sie paßenden Engagement bin. Sie kennen Sie wohl? Bei ihrer gesellschaftlichen Stellung [de Ahna war Tochter des bayerischen Armeegenerals Adolf de Ahna] möchte ich ihr gerne ein Engagement an einem Stadttheater ersparen, auf der andern Seite sind Stellungen, wie Fräulein de Ahna sie erstrebt (mit dem Repertoir: Elsa, Elisabeth, Evchen, Senta, Brünhilde (ohne Götterdämmerung), dagegen kann sie Isolde, von ihr bereits studirt, wohl leisten, Fidelio hat sie einmal unter meiner Leitung sehr gut, einmal unter Lassen ziemlich schlecht (?) gesungen, Agathe, Pamira, Euryanthe, etc. etc.) an einem noblen, schönen Hoftheater auch nicht so auf dem Präsentirteller vorhanden. Ich las nun in der Zeitung, daß Sie […] eine dramatische Sängerin suchen. Sollten Sie eine solche nicht bereits gefunden haben, darf ich mir wohl erlauben, Sie auf Fräulein de Ahna aufmerksam zu machen. Dieselbe ist, wie gesagt, in der Hauptsache jugendlich-dramatisch, kann aber mit Vorsicht ab und zu im hochdramatischen Fache wohl verwendet werden. Fidelio, Isolde, Valentine, kann sie leisten, nur eine Brünhilde in der Götterdämmerung noch nicht. Die Stimme ist schön u. edel, ihr Darstellungstalent bedeutend und Fräulein de Ahna, mit der ich selbst alle Partien studirt habe, so recht geeignet, an einem nach Wagnerschen Principien geleiteten Hoftheater ihren Platz auszufüllen. Hier in Weimar ist sie, da Frau Stavenhagen als die ältere (hier geht es nämlich nach der Anciennität) im Besitze aller Rollen ist, in einer unmöglichen Position, die ich mit meinem geringen Einfluß auf die hiesigen Theaterangelegenheiten nicht zu ändern im Stande bin, weswegen ich ihr selbst geraten habe, sich nach einem andern Engagement umzusehen. Ich wäre hocherfreut, wenn Sie in der Lage wären, meiner Empfehlung Berücksichtigung zu schenken. Ich bringe nächstens hier die Mottlsche Oper: Fürst und Sänger, sowie Hansel und Grethel von Humperdinck, die ich Ihnen beide dringend empfehle; vielleicht erweisen Sie mir die Freude, zu den Erstaufführungen herüber zu kommen; wenn Sie gestatten, teile ich Ihnen das Datum mit […] Werden Sie nicht in Dessau die beiden vortrefflichen Oper von Alex. Ritter: Wem die Krone und Der faule Hans aufführen?“ – Strauss hatte die Sopranistin Pauline de Ahna, die seine Schülerin und später seine Frau wurde, bereits 1887 in München kennen gelernt. Am 9. September 1889 trat er (hinter dem Dänen Eduard Lassen) eine Stellung als zweiter Kapellmeister am am Hoftheater Weimar an. Dort führte er nicht nur Wagner-Opern auf, sondern dirigierte auch am 23. Dezember 1893 die Uraufführung von Humperdincks „Hänsel und Gretel“ sowie die Uraufführungen seiner eigenen Tondichtungen „Don Juan“ und „Tod und Verklärung“. 1898 wechselte Strauss nach Berlin.