Seidler, Louise, Malerin (1786-1866).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „Luise“. Florenz, 23. V. [1821], Fol. (24,5 x 18,5 cm). 1 Seite. Mit rückseitiger Adresse und Siegelrest.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An ihren Vater, den Universitätsstallmeister August Gottfried Ludwig Seidler (1759-1825) in Jena, wohl bei Übersendung einer Zeichnung von Pisa. Die Malerin machte im Sommer 1821 von Florenz aus eine Reise nach Livorno, Pisa und Lucca: „Da sich nun so bald keine Gelegenheit vielleicht wieder darbietet Dir lieber Vater zu schreiben, so will ich Dir mit dieser einen kleinen Begriff von den hauptsächlichsten Merckwürdigkeiten Pisas schicken. Dieß alte Gebäude, das runde, ist die Taufkirche, u. der schiefe Glockenthurm (die Thürme sind gewöhnlich appart in Italien), sie und der Dom sind aus dem 13ten Jahrhundert, das im Hintergrund ist das Campo santo wo die Todten begraben wurden, und in der Galerie die prächtigen Gemälde sind, wo es gar zu interessant zu sehen ist wie Jeder dieser Meister seine Vorgänger studiert und benutzt. – Die ehemalige so mächtige Republik Pisa, die Constantinopel verheerte ist jetzt eine tote oder toscanische Provincialstadt, aber schön gebaut, und in schöner Gegend. Auf der einen Seite herrliche Gebäude, auf der anderen hinaus bis ans Meer; das Meer selbst sieht man aber nur auf dem Thurme. Ehemahls war Pisa ein Hafen, so viel hat sich das Meer zurück gezogen. – Ich habe alle Tage im Campo santo so fleißig als möglich gezeichnet, und sonst die Kirchen besehen, Abends […] in den Caffeehäusern, mich an dem wenigen und einzigen Lottospiel auch amüsiert. – An meinem Geburtstag [dem 15. Mai] gingen wir Nachmittag auf eine Landwirthschaft des Grosherzogs [San Rossore], wo eine große Kameelzüchtung ist, es giebt davon jetzt 60 dort, sie waren aber alle tief im Walde auf der Weide, und nicht zu sehen. – Diese stammen aus der Zeit der Kreuzzüge, – und wurden wie Esel gebraucht. – Sie sind auch hier zu kaufen für 30-40 Ducaten wenn Du Lust hast, kannst Du bekommen. – Dies ist nun mein 3ter Brief, hoffentlich erhalte ich nun bald Nachrichten von Dir liebster Vater Februar waren die letzten. – Die Hitze wird schon drückend! Ach das ist doch würcklich eine Noth. – Gottlob daß es mir übrigens wieder wohl ist, da geht alles auch leichter. – Von Livorno weiß ich noch immer nichts bestimmtes, meine Gesellschaft kann zu keinem Entschluß kommen, und allein natürlich geht es für mich noch nicht. Wird nichts daraus so will ich Bäder mit Meersalz hier nehmen. – Es wäre aber sehr ärgerlich. – Es ist sehr theuer dort, das macht den Entschluß schwer, und deswegen lasse auch ich es gehen, wie es geht, denn wenn auch die Vernunft mir räth alles für meine Gesundheit zu opfern, so wird es mir doch auch auf der anderen Seite schwer – und ängstigt mich. – Noch dazu, da übrigens in Livorno gar nichts für die Kunst zu sehen ist, und ich 5-6 Wochen gar nichts arbeiten soll, wenn es mir Nutzen schaffen soll. – Auch wäre dies eine sehr gute Sache für mich. – Leb wohl bester lieber Vater. Grüße meine theuren Geschwister besonders tausendmahl und übrigens alle Freunde. Behalte lieb Deine Luise.“ Der geplante Badeaufenthalt in Livorn fand dann im Juli/August 1822 statt. – Vgl. S. Kaufmann (Hrsg.), Goethes Malerin. Die Erinnerungen der Louise Seidler, 2003, S. 428. – Das GSA besitzt 2 Abschriften von Briefen an Vater Seidler aus dem Jahr 1821. – Mit Siegelausriss ohne Textverlust, Zuschreibung von fremder Hand am Rand. – Autographen der Malerin sind sehr selten.