Reventlow, Franziska von, Schriftstellerin (1871-1918).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „F. Reventlow“. Tigani auf Korfu, 5. IX. [1900], Gr.-8°. 3 1/2 Seiten. Doppelblatt. Gelocht.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An ihren Freund, den Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz (1873-1931). Aus ihrem Griechenland-Aufenthalt mit „Adam“ [dem Geologen Albert Hentschel] und [ihrem Sohn ] „Bubi“: „Wenn wir Sie jetzt derwischen könnten, würde es Ihnen sehr schlecht gehen. Wenn man doch schon einmal auf den Weißen Hirsch [Höhenvorort bei Dresden mit Sanatorium] gekommen ist, kann man auch mal einen anständigen Brief schreiben. Aber wir werden hier förmlich ausgehungert, nur Marie und Flingelli lassen von sich hören. – Hoffentlich ist das kein Zeichen dafür, daß es Ihnen schlecht geht? Aber auch das möchten wir wissen. Also seien Sie ein Mann und schreiben Sie einmal ausführlicher. Wir haben inzwischen sehr viel Pech gehabt, ich wurde krank, und so mußten wir ausgerechnet vier Wochen im Hotel zu Vathy hocken. Einmal, gelegentlich einer heftigen Ohnmacht, glaubten wir sogar beide, ich wäre schon tot, und berieten ernstlich, was nun zu tun sei. Seit 14 Tagen sind wir wieder hier in Tigani, und ich bin gestern zum erstenmal wieder ausgegangen. – Der arme Adam hat infolgedessen sehr viel Zeit verloren und wird noch zwei Monate hier brauchen. Also bis Ende Oktober. Ich habe aus diesen und noch anderen Gründen, wenn auch mit etwas schwerem Herzen, Paris aufgegeben, a) möchte ich eben diese zwei Monate noch hierbleiben, weil es wunderschön und zur Nervenerholung der geeignetste Ort ist, den man sich denken kann, b) weil Paris sehr viel Geld kosten würde, c) weil ich jetzt glücklich meinen Roman [ihren Erstling ‚Ellen Olestjerne‘, 1903] angefangen und das Gefühl habe, damit in Zug zu kommen. Paris würde mich wieder gründlich herausbringen. | Schmerzlich ist es trotz alledem, aber ich baue meine Zukunftspläne zum großen Teil auf das Gelingen des Romans. Und damit werde ich jedenfalls weiter kommen, wenn ich noch zwei Monate hier und dann den Winter in München in möglichster Zurückgezogenheit daran arbeite. | Übrigens denken wir stark daran, die Rückreise zur See zu machen. Da es nun um die Zeit manchmal sehr stürmisch sein soll, ist es nicht ausgeschlossen, daß wir irgendwo unterwegs aussteigen und einen kleinen Abstecher über Paris machen. Mitte November werden Sie wohl schon wieder in München sein? – Schade ist es, aber schwerlich zu ändern, besonders auch wegen dem Geld. Ich muß dann ja gewissermaßen von vorn wieder anfangen. Bis der Roman fertig, brauche ich [den Verleger Albert] Langen noch, und so lange ich an ihm arbeite, würden mir anderweitige Übersetzungen kaum etwas helfen. Sollten Sie in Paris irgendwelchen glänzenden Aussichten für mich begegnen, so müssen Sie’s mir schreiben, dann komme ich vielleicht doch noch auf der Heimreise. – Wir sind sehr gespannt, von ‚Don Juan‘ [‚Don Juan, Casanova und andere erotische Charaktere‘, 1906] zu hören. – Im übrigen befinden wir uns alle drei jetzt sehr wohl und sind sehr fleißig. Sehr angenehm ist es, daß die Hitze anfängt abzunehmen. Abends und nachts kann es schon recht kühl sein. Damit aber für heute Gott befohlen, für einen anständigen Brief werden Sie auch wieder mit einem längeren belohnt. Tausend Grüße von mir, Adam und Bubi.“ – Druck: Briefe, 1975, S. 452 ff. – Zusammen mit Oscar A. H. Schmitz, Franz Hessel und Roderich Huch gab Reventlow 1904 den legendären „Schwabinger Beobachter“ heraus, obwohl sie am 9. Januar 1901 ihrem Tagebuch anvertraut hatte: „Hielt Schmitz einmal für etwas Exquisites. – zweimal allein mit ihm zusammen – da merkte ich, daß er dumm ist.“ – Sehr selten.