Beschreibung
An den Breslauer Anatomen Adolph Wilhelm Otto (1786-1845). – I. (7. IX. 1830): „[…] der Nachtrag zum Verzeichnisse der anat. Vers. hat mich und alle, denen ich ihn zeigte in Erstaunen gesetzt, Gott verleih Ihnen Kräfte […] thätig zum Besten der Ihnen anvertrauten Institute zu wirken, – aber vergessen Sie auch Ihre Gesundheit nicht und Ihre liebe Familie […] An Prof. [Ernst Heinrich] Weber [Anatom; 1795-1878] habe ich das Paquetchen und die Dissertationen zur Auswahl übergeben, da er die rein anatomischen besser brauchen kann als ich, andere sammelt er nicht; einige waren ihm und mir sehr erwünscht, manche würde ich Ihnen gern zurückgeben, da Andere sie vielleicht besser brauchen können als ich und Sie sich gar zu sehr beraubt haben. Beiliegend erhalten Sie einige derjenigen Leipziger Dissertationen, die zu den besseren gehören […] freilich bekümmert sich von den Professoren auch Niemand um dieselben; ich wünsche, daß sie Ihnen neu und wenigstens eine oder die andre, wie ich hoffe, brauchbar sein möge, die Unbrauchbaren geben Sie weiter oder vernichten sie […]“ – II. (2. I. 1831) Mit Glückwünschen zum neuen Jahr: „[…] Beifolgend erhalten Sie ein kleines von Carus redigirtes Schriftchen, welches die Frucht gemeinsamer Arbeiten mehrerer jüngerer Docenten aus hiesiger Universität enthält […]“. – III. (26. VIII. 1831): „[…] Durch die Aufnahme in die Schles. vaterländ. Gesellschaft bin ich sehr erfreut worden; ich wünsche, daß ich wenigstens […] im Stande sein möge ihr dafür einigermaßen nützlich zu werden; danken Sie ihr einstweilen in meinem Namen für die mir gethane Ehre und Auszeichnung […] Vor einigen Tagen bin ich vom hiesigen Buchhändler Baumgärtner aufgefordert worden eine temporäre Zeitschrift über die Cholera herauszugeben, für die ich den Titel: Mittheilungen des Neuesten und Wissenswürdigsten, gewählt habe […]“ – IV. (3. XI. 1831): „[…] und hätten wir gewünscht, die garstige Cholera hätte die lieben Einwohner des in unserer Erinnerung so freundlich lebenden Breslau verschont. Allen Berichten nach ist aber die Sache von fern viel schlimmer als in der Nähe, und so hoffen wir auch, daß Gottes schützende Hand und Ihre Vorsicht Sie sämtlich durch die Gefahr glücklich hindurch führen wird. Durch Prof. [Ernst Theodor] Gaupp [Rechtshistoriker; 1796-1859] habe ich erfahren, daß Sie einige Sectionen an Ch[olera]- Verstorbenen gemacht haben; dies hat in mir den lebhaften Wunsch rege gemacht, einmal darüber etwas von Ihrer gewandten Feder für mein Blatt zu erhalten. Was ich bis jetzt von den Sectionen weiß, scheint nicht viel über das Wesen der Krankheit zu offenbaren, vielleicht ist es Ihrer Genauigkeit und Sorgfalt gelungen etwas zu beobachten […]“ – V. 5. Mai 1832. Radius gratuliert Otto zu der Geburt seiner Tochter: „[…] kurz nach Empfang der erfreulichen Nachricht glaubte ich Ihnen […] täglich eine gleiche Nachricht von meiner Frau mittheilen zu können, was sich jedoch bis zum 18t. April verzögerte, wo Sie von einem kräftigen starken Knaben glücklich entbunden worden ist […] Wenige Tage nach Empfang Ihres Briefes erhielt ich auch das Heft […] in welchem Ihre Beobachtungen über die Ch[olera]. enthalten sind. Ich habe sie mit vielem Interesse nicht nur gelesen, sondern auch für Nr. 68 der Mittheilungen ausgezogen. Werden Sie nicht vielleicht irgendwo Nachträge dazu liefern, oder haben sich auch im späteren Verlaufe der Epidemie die früher gemachten Beobachtungen fortan bestätigt? […]“. – VI. 8. Februar 1833: „[…] Was Sie von Barkow [der Mediziner Hans Karl Leopold Barkow (1798-1873)] schreiben, war mit noch unbekannt, da ich die Ch[olera]. in Breslau nicht selbst anzeigen konnte, wozu ich überhaupt wenig oder keine Zeit gewinnen kann. Uebrigens habe ich auch die Ch[olera]. recht satt. Dergleichen Vorfälle sind jedoch an der Tagesordnung. Gestern starb hier an einem nervösen Katarrhalfieber unser verdienter Prorector Dr. Bock [der Mediziner August Karl Bock (1782-1833)] […].“ – VII. 16. Februar 1833. Radius berichtet vom Tod seines neugeborenen Sohnes: „[…] unser Ferdinand wurde am vorrigen Freitage innerhalb weniger Stunden, bei vorhergehendem besten Wohlbefinden, das Opfer einer hitzigen Hirnentzündung! […].“ – VIII. 4. Februar 1834. [dieses Schreiben mit starken Randläsuren; Einrissen u. leichtem Papierverlust]. Der letzte Brief mit einer wahren Lobhuldigung an den Kollegen Otto: „[…] Recht sehr habe ich Ihnen zu danken für Ihre gütige Sendung vom 24. Jan. Sie ist theils ein Beweis Ihrer unbegrenzten […] gütigen Gesinnung gegen mich, theils ein Monument Ihrer rastlosen Thätigkeit in Ueberbietung alles dessen, was man nur irgend von einem der besten seines Vaterlandes über alles hochhaltenden Patrioten erwarten kann; theils ein erfreulicher Beweis von dem, was in einem Staate geleistet werden ka[nn] […] daß durch liberale Unterstützung der Wissenschaften der sicherste Weg zur wahren […] Größe verfolgt wird […]“. – Das Medizinstudium in Leipzig schloß Radius 1821 mit der Promotion über das Thema „Bemerkungen über das Wesen und die Heilung der Wassersuchten“ ab. Er habilitierte sich 1822 und wurde 1825 a.o. Professor. Seit 1821 war Radius Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Er war dann als praktischer Arzt und Augenarzt in Leipzig tätig und arbeitete von 1832-53 am St. Georgenhaus in Leipzig und wurde 1840 o.Prof. der Pathologie. Seit 1875 war er Vorsitzender der Prüfungskommission. Radius verfaßte u.a. „Kurze Beschreibung einer eigenthümlichen Behandlung des Säuferwahnsinns“ (1872). – Teilweise mit Randläsuren; vorhandene Einrisse zum Teil alt mit Klebeband hinterlegt; 1 Brief sporfleckig. – Aus der Sammlung Ammann.