Beschreibung
An den Kunsthistoriker Hans Eckstein in München. Inhaltsreiche Briefe, vor allem über kunsthistorische Fragen, über Publikationen und Vorträge, aber auch mit Urteilen über Künstler sowie in Angelegenheiten der Münchner Akademie der bildenden Künste. – (Krottenmühl) 27. I. 1945: „[…] Ich war jetzt mit allerlei prominenten Collaborateurs beisammen (sämtlich zum Tode verurteilt), die in einer Weise von ihrem Vaterland erzählten, als wäre es 1789. – Corteau ist getötet worden, ebenso Maioll [Aristide Maillol] Guitry von neuem verhaftet & auch Despiau. Es sei wie in der Hexenzeit, einer verdächtige den anderen, & die Privatrache jeder Art feiere Orgien. – Dies nur kurz zu ihrer s. Zt. bekundeten optimistischeren Meinung […]“ – (Krottenmühl) 16. X. 1945: „[…] Mir wird gesagt, Th. Mann habe Furtwängler & mich, ohne Namensnennung, dennoch deutlich gekennzeichnet (in s. letzten Radiorede) als große Künstler, die nicht gezögert hätten, durch den Rang ihrer Leistung einem verruchten Regime einen gewissen Glanz zu verleihen […] Ich glaube doch, daß Bayreuth sich irgend gegen mich kehren wird, es sei denn, meine projüdische Haltung & sonst noch einiges wirken pro me. – Meine Wahl in den neu begründeten Kunstrat hab ich darum zunächst abgelehnt; ich will diesen ersten schwachen Anhub nicht durch meine Person gefährden […]“ – Von 1932 bis 1939 war Preetorius szenischer Leiter der Bayreuther Festspiele gewesen. 1931 erschien in den „Abwehrblättern des Antisemitismus“ sein Bekenntnis zum Judentum. – (Krottenmühl) 18. V. 1946: „[…] Ein 16 Seiten langer handgeschriebener Brief von Thomas Mann heute: Das ganze Problem des Emigranten wird daraus höchst eindringlich & völlig hoffnungslos erkennbar. Ein tief trauriges Kapitel […]“ – (Krottenmühl) 22. XII. 1947. Dank für eine Arbeit über den Expressionismus: „[…] Ich finde vieles, namentlich im Prinzipiellen ganz ausgezeichnet, stimme jedoch mit Ihren Urteilen im Einzelnen nur teilweise überein […] Hofer steht mir höher als Beckmann, auch malerisch, & weit höher als Caspar trotz Anerkenntnis von dessen Qualitäten. Kirchner gegenüber hab ich Zweifel (das ist eine hektische Hirnkunst), kenne freilich seine großen Sachen nicht. – Nolde, Kokoschka, Marc […] Dix sind alle vorzüglich gekennzeichnet. – Sieht man diesen ganzen Expressionismus aber in’s Große (also von einem weiten Aspekt her), so sind seine Errungenschaften allzu teuer erkauft & die Höhe früherer Kunst bei weitem nicht mehr erreicht. Es ist alles in allem ein Weg nach abwärts, der, meine Urthese, mit dem Wandel der menschlichen Bewußtseinslage zwangsläufig verknüpft ist […]“- (Krottenmühl) 14. XI. 1948: „[…] Gerade las ich Ihren Bracque. Ausgezeichnet […] ja, es führt ein Weg von Br. zum Abstrakten, allerdings nicht zu allem, was unter dieser Etikette segelt: weder zum Kandinsky noch Baumeister. Aber […] gerade Br. erweist den weitergehenden Säkularisierungsprozess der ‚Natur‘ als bindende Formenwelt. – Zur dekorat. Ornamentik kommen gerade die Abstrakten nicht […] sie brechen daneben aus & begeben sich damit der Bindung, die jene gesetzlich in sich trägt, & also auch jener Schöpfer. Freiheit, die nur aus der Bindung erwächst […]“ – Erwähnt werden ferner – neben vielen anderen – Ernst Jünger, Cesar Klein, Karl Knappe, Andre Maurois („ein sublimer Prosaist“, 1945), Paul Renner (mit dem er 1909 die Münchner Schule für Illustration und Buchgewerbe gegründet hatte), Karl Schmidt-Rottluff, Werner Scholz, Josef Wackerle, Heinrich Wölfflin und Karl Wolfskehl. – Beiliegend ein Brief von Preetorius an Thomas Mann (nach 8. IX. 1946, 1 3/4 S. Folio, Durchschlag, gelocht), über seine Gründe, nach 1933 in Bayreuth gearbeitet zu haben. – Ferner beiliegend der Durchschlag seines Bekenntnisses zum Judentum, sowie 16 Briefe von Eckstein an Preetorius (10. III. 1945 bis 22. VI. 1968, 21 S. Folio, Durchschläge).