Müller, Adam Heinrich, Nationalökonom und Publizist, Freund Kleists (1779-1829).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Leipzig, 20. VII. 1819, Gr.-4°. 1 Seite.

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Beschreibung

Schöner, anspielungsreicher Brief an Friedrich de la Motte Fouqué: „[…] Bey Gelegenheit Ihrer Debatte mit Perthes wird das alte Verlangen angefrischt Ihnen näher zu kommen. Schon 1815 als ich in der eben befreiten Kaiserlichen Burg zu Insbruck Ihren Zauber-Ring vorlas und die sechs oder sieben heiteren Abende, die wir Ihnen verdankten, beschlossen waren, sollte Ihnen feierlicher Dank abgestattet werden. Aber des ‚Märzen Idus‘ jenes großen Jahres unterbrach alle Entwürfe: es war die letzte poetische Lektüre die wir gemacht. Mit der beiliegenden Broschüre, einer Art von Glaubensbekenntniß, einer Dissertation über 1. Corinth. 12; einer Deklaration über mein Verhältniß zu meinem geliebten Freunde Haller – der unscheinbaren Frucht langer leidensvoller Jahre, habe ich die Ihnen zugedachte Huldigung ablegen wollen. Das Verdienst der Demuth und der Treue wird in Ihrer ritterlichen Seele, die in dem Wirrwar dieser ehrlosen Zeit wie aus besseren Jahrhunderten stehn geblieben, Anerkennung finden. Mehr verlange ich nicht für mich […]“ – Bei der erwähnten „Debatte mit Perthes“ ging es um die berühmte Auseinandersetzung zwischen Johann Heinrich Voß und seinem früheren Jugendfreund Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, die Voß mit seiner Schrift „Wie ward Fritz Stolberg ein Unfreier“ losgetreten hatte. Arno Schmidt fasst zusammen: „Auch mit Perthes wird eifrig über diese Kontroverse Stolberg-Voß debattiert – d. h. nicht debattiert; man ist sich ziemlich einig“ (Fouqué und einige seiner Zeitgenossen, S. 368). Nämlich im Schulterschluss mit Stolberg: Fouqué und Müller billigen seine Konversion zum Katholizismus. – Adam Müller war 1811 von Hardenberg in geheimer Mission zur Beobachtung der politischen Lage nach Wien entsandt worden. Dort unterhielt er rege gesellschaftliche Beziehungen mit Eichendorff, Friedrich Schlegel, Hofbauer, Zacharias Werner, Hormayr u. a. Ab 1813 war er für die österreichische Armee als Regierungsrat tätig und gab den „Boten von Südtirol“ heraus. Daß er Fouqués 1813 erschienenen Ritterroman „Der Zauberring“ 1815 auf der „Kaiserburg“ (Hofburg) vorlas, war bisher nicht bekannt. Diese Vorlesung muß wohl im Januar/Februar stattgefunden haben, denn dann verpflichtete ihn Metternich als Kriegskorrespondenten für den „Österreichischen Beobachter“ und er machte den Vormarsch nach Paris mit. Darauf bezieht sich das Shakespeare-Zitat der Iden des März. – Bei dem „geliebten Freunde Haller“ handelt es sich um Carl Ludwig von Haller (1768-1854), dessen Restauration der Staatswissenschaften Müller 1815 in einem „Sendschreiben“ enthusiastisch gefeiert hatte. Die erwähnte Broschüre handelt über das 12. Kapitel des ersten Briefes an die Korinther mit der Stelle „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Geist“. Eine Analyse der politischen Theorien von Müller findet sich in „Politische Romantik“ von Carl Schmitt. – Geringe Randbräunung, Einriß in derr Knickfalte. – Ungedruckt. – Aus der Sammlung Künzel. – Selten.