Beschreibung
An den Innsbrucker Schriftsteller Leopold Gheri (1866-1952) in Sterzing mit Dank für dessen Geburtstagsgruss: „[…] ich bitte Sie um Eins. Wir gehen einer grossen Zeit entgegen, einer Zeit, die uns zum Saïs-Tempel führen soll, um uns zu zeigen, daß wir keines weges sofort zu sterben haben, wenn wir es wagen, hinter den Vorhang des gegenwärtigen Lebens zu schauen. Es wird eine Zeit der Erlösung sein aus der Gewalt uralter Irrthümer, eine Zeit, die Licht und Wahrheit bringt nach langer Finsterniß und hartem Regiment der endlich überlebten Menschheitslüge. Und diese Zeit wird viel, sehr viel von uns verlangen, von uns, zu denen auch Sie gehören. Viel Arbeit, viel Muth, viel Einsicht, viel Nächstenliebe, viel Opferwilligkeit. Haben Sie den Schritt dieser Zeit vielleicht von Weitem schon gehört? Bitte, glauben Sie ihr, und vertrauen sie ihr! Stellen Sie Ihre Feder in ihren herrlichen Dienst! Und sind Sie heut noch ahnungslos, so kann sie doch wohl morgen schon an Ihre Thüre klopfen. Wenn Sie ihr öffnen, wird sie Ihnen sagen, daß ich Sie grüßen lasse. Ihr alter May.“ – Gheri bereiste (auch als Fremdenlegionär) den Senegal, Indochina, die Sahara, das Rote Meer und den Indischen Ozean, Brasilien, Bolivien, Peru, Arizona und Grönland. 1904 ließ er sich in Innsbruck als Schriftsteller nieder und begann seine Reiseerlebnisse literarisch zu verarbeiten. Mitte 1902 schrieb er erstmals an Karl May. In der von ihm redigierten Zeitschrift „Der Kunstfreund“ veröffentlichte er Mays „Briefe über Kunst“ und setzte sich nachhaltig für Mays Werk ein. Er wurde in Besprechungen oft als der „tirolische Karl May“ bezeichnet. – Vgl. Anton Haider, Im Reiche des roten Adlers. Karl May und Tirol. Hrsg. von S. Augustin. Bamberg 2006. – Sehr schöner Brief.