Kubin, Alfred, Graphiker und Schriftsteller (1877-1959).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Zwickledt bei Wernstein am Inn, 1. VII. 1918, Gr.-4°. 2 Seiten. Mit illustr. Briefkopf (Kubins Schloß Zwickledt) nach einer Zeichnung Kubins und eigenhändigen Umschlag mit Frankatur.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Sehr schöner Brief an Karl Oser in Budapest: „[…] Ihre Karten aus Budapest haben mich natürlich recht sehr überrascht! […] Auch dachte ich nicht, dass Sie in diesen unruhigen Zeiten die verhältnismäßig so gesegnete ruhigere Schweizer Heimat mit einem Lande das so stark in einen Krieg verwickelt ist, vertauschen würden. – Nun Glück auf zu dem Schritte! […] Mir geht’s nicht schlecht! – Meine liebe Frau ist seit 2 Monaten nahezu ganz von Ihrem Nervenleiden gesundet, wieder hier – ich holte sie aus dem Hessischen ab und war nach 2 3/4 Jahren wieder mal 12 Tage im Innern Deutschland – – Ich lebe – sehr Kubinisch ganz in strenger Hingabe an das Geistige – – die Phantasie ist mein Gott und so gelingt es mir immer mehr und fruchtbarer das Chaos wie ein geschickter Reiter zu beherrschen. – Schrankenlose Hingabe an das Wichtige Edle, Kernige – hat gerade in ihrem Gefolge einen Tiefblick für die Welt der Erscheinungen, der erst durch geduldige Schulung sicher und klarer wird. – Auch mit den Dämonen der Angst, des Mißtrauens lernt man, – bleibt man sich nur selbst getreu immer besser umgehn. Am meisten Mühe machten mir noch die Müdigkeiten und der nicht mehr gerne und rasch parierende widerspenstige Körper — aber ich und jeder welcher dieser Praxis folgt, muß endlich als Herr des Geistigen bestehen. – Die äußerlichen Erbärmlichkeiten des Tages berühren mich natürlich nur ‚in der Oberhaut‘ – Gewiß es giebt Mangel an so vielem – und es wurde in letzter Zeit noch übler mit allem. – An Brot gebrichts mir übrigens nicht; – doch wenn Sie mir einmal eine Tafel Chokolade oder ein Stück Salamiwurst, oder ein Fläschchen Rum in einem Paket (mit einer Wertangabe kommt übrigens alles sicher bei mir an) schicken könnten so bin ich über solche liebenswürdige Aufmerksamkeit gewiß stets hoch erfreut!! – Im Sommer und Herbst werde ich wohl ich fürchte leider! nicht ins Hochgebirge reisen können, so nöthig ich ein Ausspannen auch hätte – Es ist nachgerade allerdings wie in einem Zuchthaus geworden, so sehr sind unsere äußeren Schritte gehemmt – bei innerer voller seliger Freiheit! […] Rein pecuniaer erging es mir übrigens über Erwarten günstig, verkaufte viele Blätter zu günstigen Preisen […] so hatte ich auch sonst gute Erfolge.“ – 1918 schuf Kubin u. a. seinen berühmten „Totentanz“. – Selten so früh.