Beschreibung
Wichtiger Brief an seinen Freund „Kassi“, dem er für einen illustrierten Brief dankt: „[…] Da Dir die Technik des Reformgeldes Gedanken macht, so leg ich Dir am besten gleich den Separat-Abdruck ‚Freigeld‘ bei [liegt bei]; da findest Du gleich im ersten Kapitel eine ausführliche Erklärung. Deine Einwände […] sind nicht stichhaltig. Allerdings wenn man consequent sein will, müsste man nur Papiergeld haben – jedoch wird man vielleicht aus zahlungstechnischen Gründen Nickel und Kupfer nicht entbehren wollen. Und dann würde es auch so geschehen wie du sagst. – Aber schlimme Folgen würde das nicht haben, denn ehe jemand große Summen Nickelgeld dem Verkehr entzieht und tesauriert und auf den Zins verzichtet wird er sich zweimal besinnen. Ausserdem kann man durch ein Gesetz dem schwerfälligen Nickel etwas auf die Beine helfen. Indem die Kaufleute und die Staatskassen nicht verpflichtet sind für mehr als Frs. 1.- Nickelgeld in Zahlung zu nehmen, indem die Münzen alle Jahre erneuert werden müssen und bei dem Umtausch einen Verlust erleiden. – Aber das sind alles kleine Fragen der Münztechniker welche durch die Erfahrung gelöst werden. Sie berühren aber nicht das Grundwesen der Geldreform. Du betrachtest überhaupt das Geld viel zu sehr vom einseitigen Standpunkt des Geld-Inhabers. Du räumst dem Gelde Vorrechte ein und bedenkst nicht dass das auf Kosten der Waren geht. – Du freust Dich an einem neuen blanken Franken und ahnst nicht dass das schöne glänzende Geld ganz schlecht ist als Tauschmittel betrachtet. – Das neue Geldstück giebt jeder nur mit Widerstreben fort, indessen das alte, hässliche, oder falsche Geldstück möglichst schnell abgestossen wird. Also ist vom Standpunkt des Tauschmittels das falsche Geldstück viel besser als das neue. – Es zirkuliert 4-5-6. mal so schnell. Und andere Schnelle der Zirkulation misst man die Güte. Wenn man die mächtigen Vorteile der Geldreform bedenkt: Beseitigung der Arbeitslosigkeit, der Krisen (keine Überproduktion), Verminderung der Handelsspesen von 40 % auf 3-4 %, allmähliches Herabgehen des Zinsfusses bis auf 0., kurz: die Verwirklichung des Rechtes auf den vollen Arbeitsertrag. – Wenn man einmal die ungeheure Tragweite des Freigeldes erkannt hat, dann gibt man die Sache nicht so schnell verloren, und weiss, dass an diesen kleinen technischen Schwierigkeiten […] die Sache nicht scheitern kann […]“ – Beiliegend der erwähnte Sonderdruck. – Silvio Gesell ist bis heute einer der radikalsten Wirtschaftsdenker. Seine Freiwirtschaftslehre übt bis heute ihren Einfluß aus. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 2009 wurde die Idee des umlaufgesicherten Geldes an verschiedenen Stellen erneut aufgegriffen. So verwiesen Gregory Mankiw oder Willem Buiter auf Silvio Gesell. – In der Briefausgabe von 1997 (= GW, Bd. XVIII) nicht gedruckt und wohl unveröffentlicht. – Extrem selten.