Beschreibung
An den Lektor Herbert G. Göpfert mit Dank für dessen Brief: „[…] Lassen Sie den Schmetterling ja aus dem Fenster, wenn er das einmal verlangt. Draußen geht er schnell zugrunde, während er im Zimmer langsam und sehr qualvoll zugrundegeht. So ein Zimmer steckt für ihn voll Gefahren. Ich habe zum Schluß noch Uebles mit meinem Schmetterling erlebt, sodass ich mir in der Apotheke mit viel Worten Aether erbettelte, um ihn von den Qualen zu befrein. Am Abend flog er immer in die Lampe, wo er sich wie ein Irrer aufführte und bei seinem Amoklauf ein Teilchen nach dem anderen von seinen Flügeln abbrach, bis er sich trotz verzweifelter Anstrengung nicht mehr mit den Flügeln zu heben vermochte, wochenlang hat er nur immer wieder zu fliegen versucht und ein elendes Dasein auf dem Boden geführt. Früher ist er mir am Strumpf hochgeeilt, wenn ich da saß, um ihm von meinem Finger etwas Zuckerwasser zu geben. Auf einmal nahm er das Zuckerwasser nicht mehr und floh mich, versteckte sich vor mir unter Stühlen und in Ecken, ich war für ihn der Feind geworden, ich weiß nicht warum, nur dass er eben nicht mehr fliegen konnte. Als ob es ihm vorgegangen wäre, trat ich ihm einmal an die Beine, als er im Sesselschatten hockte und als er sich gewaltsam losriß, riß er sich die Beine an einer Seite aus und war ein hilfloses Wesen, das schrecklich im Zimmer herumhüpfte, immer wollte er davon und bei jedem Hüpfen, das ihn vorwärtsbringen sollte, drehte er sich schier um sich selbst, er hatte keine Balance mehr und beeilte sich, es war grausig anzuschaun. Nach einer schlaflosen Nacht, denn ich hatte seinen krüppelhaften Zustand verschuldet, holte ich mir den Aether, der eigentlich gar nicht verkauft werden darf. Er ahnte es und hing noch am Leben, er zog sich weit unters Bett zurück, dass ich ihn mit ausgestreckten [so!] Arm kaum erreichen konnte. Ich sollte ihm den Aether nur auf den Kopf geben und falls er wieder aufwachen sollte noch einmal und solang, bis er nicht mehr aufwachte. Ich konnte das nicht, weil er zu weit hinten saß und verschüttete den Aether, dass er in einer kleinen Lache lag, da zuckte er und streckte sich und wurde sofort ganz steif, was mich erschreckte, ich kam mir wie ein Mörder vor. Nie wieder lasse ich einen Schmetterling ins Zimmer, dann tötet ihn die Natur, wie es ihm bestimmt ist, und ich habe kein Teil daran. | Ich bin eigentlich froh, dass Sie den ‚Starken‘ Stamm verpaßt haben, ich hatte kein gutes Gefühl, die Aufführung fand ich schwerfällig und reizlos, wenn auch ein paar Schauspieler ihr Bestes gaben und wenn auch der Fitz sogar die ideale Besetzung ist. Für mich wichtige Dinge, die in Berlin auch betont wurden, waren völlig gestrichen, das ältere Paar eigentlich zu alt, und den Hubert will ich nicht als solchen Trottel gespielt. Das muß funken können, die Frau etwa 37 jährig, der Mann nur ein paar Jahre älter, das ist denkbar und richtig, weil es noch Reiz haben kann, und so wars in Berlin. Dort war nur das Uebel, dass die kräftige mundartliche Sprache in ein schwächeres Schriftdeutsch (besonders in der zweiten Hälfte) verschandelt wurde, wodurch die Pointe verlorenging. Es wäre gut, wenn man den Text einmal in Buchform lesen könnte, dass man sich von der Sicherheit und sogar Raffinesse des von mir geschriebenen Dialogs überzeugen kann, inzwischen liegt ja eine verbesserte Fassung vor. Auf der Bühne ist man den Auffassungen und eben vorhandenen Möglichkeiten ausgesetzt. | Ausgerechnet diese Aufführung wurde fürs Mainzer Fernsehen aufgenommen und kommt am 19. Februar […] Vielleicht werden Sie sich gewundert haben, dass ich seinerzeit in der Akademie, als ich bei Koeppen stand, etwas reserviert war. Aber ich stand wie auf Kohlen, bis Sie weggingen, ich wollte unbedingt den Koeppen etwas für mich Wichtiges fragen, hatte sonst keine Gelegenheit ihn zu erwischen und sah, dass der Leutscheue schon am Weglaufen war […]“ – Zu Fleißer und dem Hanser-Verlag vgl. Wittmann, Hanser, S. 117 f.