Bunsen, Robert Wilhem, Chemiker (1811-1899).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Breslau, 18. I. 1852, 8°. 4 Seiten. Doppelblatt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Prächtiger Brief an seinen Kollegen, den Chemiker Wilhelm Dellfs (1812-1894) in Heidelberg. Bunsen wartete auf eine Mitteilung aus Karlsruhe wegen seiner Berufung nach Heidelberg, die noch im selben Jahr erfolgte: „Ich habe von Woche zu Woche mit meinem Dank für Ihre letzte Mittheilung in der Erwartung gezögert, Ihrem freundlichen Wunsch zu entsprechen, und Ihnen etwas Neues über den Stand der bewußten Angelegenheit mittheilen zu können. Ist nun auch von Carlsruhe aus nichts weiter erfolgt, und bleibt es mir immerhin sehr zweifelhaft, ob man dort überhaupt noch auf meine Person reflektiert, so habe ich doch nichts versäumen wollen, was mir auf jede Eventualität hin für die Zukunft hier freie Hand verschaffen kann. Ich habe zu diesem Zweck bei meiner letzten Anwesenheit in Berlin dem Geh. R. u. Ministerialreferenten J. Scholze gesprächsweise die Thatsache mitgeteilt, daß meine sämmtlichen Plätze im Laboratorium in den 2 Semestern meines Hierseins ausschließlich an Ausländer vergeben gewesen seien, und daß auch v. Siebolds Erfahrungen über den wenig wissenschaftlichen Sinn der Schlesier die meinigen nur bestättigten. Wenn sich bei mir die Überzeugung befestige, daß man in Breslau mit geringeren Kräften als den meinigen ausreiche, so möge er sich darauf gefaßt machen, daß ich eintretenden Falles unter keinen Umständen dort bleiben werde. Will man, wie Sie meinen, warten, und reflektiert man dabei wirklich noch auf mich, so dürfte sich die Sache am Einfachsten erledigen, wenn man mir unter der Hand für die nächsten Pfingstferien einen Ort zwischen Carlsruhe und Frankfurt zu einer mündlichen Besprechung bestimmte, um dort nach getroffener Übereinkunft sogleich eine definitive und bindende Erklärung abgegeben. Wie sich aber auch die Angelegenheiten gestalten mögen, immer würden Sie mich zu dem aufrichtigsten Danke verpflichten, wenn Sie mich sobald etwas Entscheidendes in Betreff der Wiederbesetzung Ihrer Stelle erfolgt, davon in Kenntnis setzen wollten […]“ – Als 1851 mit dem gesundheitlich bedingten Rücktritt Leopold Gmelins die Heidelberger Chemieprofessur zur Wiederbesetzung anstand, war Justus Liebig der eigentliche Favorit für die Nachfolge gewesen. Nachdem dieser abgesagt hatte, setzte die badische Landesregierung alles daran, „den zweiten Chemiker seiner Zeit“ zu gewinnen. Bunsen ging aus den Berufungsverhandlungen mit dem zweithöchsten Professorengehalt der Universität, dem Titel eines Hofrats und dem des Direktors des Chemischen Laboratoriums sowie mit der Zusicherung für den Neubau eines eigenständigen chemischen Laboratoriums hervor. Zum Wintersemester 1852/53 wechselte Bunsen als Ordinarius für Chemie an die Universität Heidelberg. Sein Lehrstuhl wurde, anders als bei seinem Vorgänger, in der Philosophischen Fakultät angesiedelt. Wilhelm Delffs, der bereits als Mitglied der Philosophischen Fakultät in Heidelberg Chemie unterrichtet hatte, erhielt eine ordentliche Professur in der Medizinischen Fakultät, um dort Vorlesungen über pharmazeutische, organische und phvsiologische Chemie zu halten – den Spezialgebieten des vorherigen Lehrstuhlinhabers Gmelin. Mit dieser Aufteilung hatte sich auch in Heidelberg die Chemie von der Medizin emanzipiert. Damit ergab sich für Bunsen die Möglichkeit, sich ganz der Anorganischen und Physikalischen Chemie zu widmen, ohne Organische Chemie lehren zu müssen, Gmelins Rücktrittswunsch, „einem Chemiker Platz [zu] machen, der durch Lehre und Forschung zum Gedeihen und Ruhm der Universität, zur Förderung der Wissenschaften und zur Hebung des Wohlstandes beitrage“, sollte sich in den folgenden Jahren mehr als erfüllen.