Benjamin, Walter, Schriftsteller und Philosoph (1892-1940).

Maschinengeschriebener Brief mit eigenh. Nachschrift und Unterschrift „Walter Benjamin“. Berlin-Wilmersdorf, Prinzregentenstr. 66, 14. XI. 1930, Fol. 2 Seiten.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Sehr selten, das einzige ausführliche autobiographische Dokument über Benjamins Zeit auf Capri und in Amalfi. – An die Künstlerin und Schriftstellerin Eva Boy (eig. Hommel; 1905-1987), in deren Berliner Atelierwohnung Benjamin von Anfang Oktober 1930 bis zu seiner Emigration im September 1933 lebte: „Liebes Fräulein Boy, ich habe mich sehr gefreut, Amalfi zwischen Ihren Zeilen zu finden. Die Treppe, von der Sie schreiben, kenne ich gut und auch sonst vieles in der Umgebung. Atrani begegnete mir einmal am Nachmittag und am Abend ein und desselben Tages; das war die denkwürdigste Verzauberung, die ich an einem Ort antraf. Aber das kennen Sie natürlich längst und auch Ravello, von wo ich einmal nachts nach Grande Marina – heißt nicht ein kleiner Hafen südlich von Amalfi so? – hinabstieg, während das Feuerwerk zu Ehren des Dorfheiligen über meinen Weg zuckte. Ich habe nicht im Capuccini gewohnt; ich glaube in dem Jahr war diese Gegend grade durch einen Bergrutsch mitgenommen worden, sondern im Luna. Auch durchaus bemerkenswert mit Mondmeer in den Fenstern und Kreuzgang im Hof […] Da gibt es ein Dorf auf der andern Seite der Schlucht, über der rechts Ravello liegt, so eins von denen, die immer links liegen bleiben, von dort wünsche ich Ihnen ein schönes Glockengeläute [… eigenhändig:] Walter Benjamin | Wissings grüßen vielmals!“ – Benjamin hatte sich von April bis Oktober 1924 in Capri aufgehalten und mehrere Ausflüge nach Neapel und an die Amalfi-Küste gemacht. -Die beiden erwähnten Hotels in Amalfi existieren noch heute. – Eva Boy stammte aus München, wo die junge Ausdruckstänzerin mit Lion Feuchtwanger eine erotische Freundschaft schloss. Unter seinem Einfluss zog sie 1925 nach Berlin und begann neben dem Tanz kleine Feuilletonbeiträge zu veröffentlichen. 1933 heiratete sie den reichen Musikforscher Anthony van Hoboken, der sich zuvor von Annemarie Seidel (später: Suhrkamp) hatte scheiden lassen.