Bauer, Jakob, Revolutionär und Erforscher Australiens (1820-1866).

69 eigenhändige Briefe mit Unterschrift Metz, Brighton, London, Melbourne, Adelaide, Palmerston, 4. VIII. 1850 bis 11. IV. 1865, Verschied. Formate, meist 8°. Zus. ca. 235 Seiten. Teilw. Doppelblätter mit Adresse und Siegelresten.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An seine Eltern, den Steuereinnehmer Schmahl in Frankenthal und dessen Frau Susanna Schmahl (diese auch in Wildbad in Württemberg) sowie seinen Bruder Carl. – Jakob Bauer stammte aus Frankenthal in der Pfalz, absolvierte das Gymnasium in Speyer und studierte dann Rechtswissenschaften in Würzburg und Heidelberg. 1848-49 schloß er sich dem pfälzischen Aufstand an, nach dessen Niederschlagung er im September 1851 in Abwesenheit zum Tod verurteilt wurde. Dieser Strafe entging er durch die Flicht, die ihn über Frankreich und England im Herbst 1853 nach Australien führte. Bis 1864 lebte er als Kaufmann und Farmer in Melbourne. Er war 1858-64 unter Neumayer Assistent auf der Sternwarte, wo er neben Osborne, dem Erfinder der Photolithographie, und Wills, dem unglücklichen Begleiter Burke’s auf der Reise durch Australien, an den großartigen magnetischen, meteorologischen und astronomischen Beobachtungsarbeiten mit unermüdlichem Eifer teilnahm. Nach Neumayer’s Rückkehr nach Europa schloß er sich 1864 der südaustralischen Colonisationsexpedition nach dem Adelaidefluß an, und ihm ist eine fast zweijährige Reihe werthvoller meteorologischer Aufzeichnungen aus der bald nach seinem zufälligen Tode aufgegebenen Ansiedlung an der Adam-Bai zu verdanken. Bauer ertrank 12. Oktober. 1866 im Adelaidefluß in Nord-Australien, als sein Boot kenterte. – Vgl. ADB II, 145. Georg Neumayer, Jakob Bauer, in: Monatsschrift des Frankenthaler Alterthumsvereins, Jg. VII (1899), S. 14-19. Petermanns Geograpische Mittheilungen XI (1865), XII (1866) und XIV (1868). Florian D. Hoffmann, Jakob Bauer – Revolutionär und Kolonist, in: Frankenthal einst und jetzt. Ebda. 2003, S. 19-23. – Unsere Briefe spiegeln die wichtigste Epoche in Bauers leben exakt wieder. Aus der Fülle der Mitteilungen kann hier nur kurz zitiert werden: (Melbourne,25. X.1853:) „[…] Melbourne selbst ist etwa in der Art u. Weise von Mannheim gebaut, nur daß die Straßen noch nicht so vollkommen ausgebildet sind denn man findet neben dem schönsten 3-stückigen steinernen Hause eine elende hölzerne Baracke u. dann wieder einen leeren Platz u. so geht es fort, auch ist von Pflaster in den Straßen keine Spur zu sehen, darum im Sommer stets ein furchtbarer Staub u. zur Regenzeit ein Schmutz, daß man Wasserstiefel anziehen muß um durchzukommen, dagegen findet man hier einen Handel u. Gewerbebetrieb wie ihn kaum eine Stadt in der Welt blühender haben kann […]“ – (Palmerston,8. IV. 1865:) „[…] Wir wohnen dicht an der See (Adams Bay) in einem geräumigen Zelt, dem ich aus besonderem Luxus eine so genante Loghütte beigefügt habe; letzteres ist nemlich ein aus rohen Baumstämmen zusammengesetzter Raum, bedeckt mit Baumrinde, was einen sehr kühlen Platz macht. Im übrigen bin ich nicht zufrieden mit der Auswahl dieses Ortes als eine Niederlassung, das Land ist zu niedrig und der Boden für Cultur zu schlecht und sandig, während es eine anerkannte Sache ist, daß das beste Land an der Nordküste Australiens zu finden ist; aber natürlich muß man sich erst danach umsehen, was man in diesem Falle nicht gethan hat; eine nothwendige Folge wird sein, daß man über kurz oder lang das Versäumte einholen muß, und die ganze Niederlassung mit Hinwegwerfung eines ungeheuren Kostenpreises an einen besseren Ort verlegen muß. Geldgeschäfte lassen sich bis jetzt noch keine machen, obgleich ich meine Ausgaben fürs Leben so ziemlich decke durch den Verkauf hie u. da einiger Flaschen Wein oder Brandy, die einzigen verkäuflichen Artikel hier, von denen ich einen kleinen Vorrath mitgebracht habe; im übrigen vertreibe ich mir die Zeit mit Wetterbeobachtungen, in dem ich mir ein kleines Observatorium errichtet habe; ferner mit dem Bau verschiedener Bequemlichkeiten, Hühnerhäuser, Taubenhäuser, Gartencultur u.s.w. […]“ – Die Briefe sind im Einzelnen datiert: I. Metz (3), 4. VIII. 1850 bis 19. X. 1850. – II. Brighton (10), 21. II. 1852 bis 26. IV. 1853. – III. London (6), 12. V. 1853 bis 6. VII. 1853. – IV. Schiff „Rekrut“ (1), 10. VII. 1853. – V. Melbourne (46), 25. X. 1853 bis 20. II. 1864. – VI. Adelaide (2), 23. IV. 1864 und 27. X. 1864. – VII. Palmerston (1), 8.-11.IV. 1865. – Meist auf dünnem, oft bläulichem Papier. Insgesamt gut erhalten. – Volltranskription liegt bei. – Bisher völlig unpublizierte kultur- und auswanderungsgeschichtliche Quelle ersten Ranges.