Beschreibung
Johann Friedrich Dörfling studierte 1763-1765 in Halle und wirkte sehr wahrscheinlich in Ankuhn (Zerbst) als Pastor, wo er 11. Juni 1829 verstarb. – Auffällig der sehr routiniert im Zeitgeschmack gestaltete Titel, signiert von Johann Wilhelm Grillo (1742-1828), sowie eine Totentanz-Szene in roter Tusche mit schwarzer Umrandung, ferner zwei ländliche Szenen, davon eine in recht düsterer Atmosphäre. – Johann Wilhelm Grillo war Oberbergmeister beim Bergamt in Wettin, seit 1818 Bergrat und Dirigent des Bergamtes bei Altenweddingen. Goethe besuchte das Wettiner Steinkohlenbergwerk unter Grillos Führung am 19. 7. 1802. – Hervorhebenswert ist auch der Eintrag von Friedrich von Poellnitz („Und keiner dachte da, in an Americka“). Poellnitz (1757-1827) war seit mindestens 1786 Oberleutnant in Jever und hatte sich am gleichen Tag auch im Stammbuch des Regierungsrates und Landvogts Johannes Carl Ludwig Ittig zu Jever (1754-1828) mit einer Tuschezeichnung verewigt. Die kleine Bemerkung zu „Americka“ dürfte eine Anspielung sein auf den berühmt-berüchtigten Verkauf von zwei Regimentern Zerbster und Jeverscher Soldaten durch Fürst Friedrich August (1734-1793) an England zur Unterstützung der englischen Truppen im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg in den Jahren 1778-1782. – Weitere Einträge: „Zerbst, vom Schlosse, 2. 11. 1781 Wapenhensch Pagenlehrer und Prädiger am hiesigen Waisenhause: Gemeint ist Johann Friedrich Christian Wapenhensch, der gemeinsam mit dem späteren Dornburger Pfarrer und Schriftsteller Johann Christian Sigismund Sintenis (1756-1829) als Pagenlehrer und Schulinspektor in Zerbst nachweisbar ist. – „Zerbst, 14. 4. 1784 Johann Augustin Köselitz“, gleichnamiger Sohn des Theologen Johann Augustin Köselitz (1721-1790), der unter dem Künstlernamen Peter Gast später der Adlatus von Nietzsche wurde. – „Zerbst, 22. 1. 1773 J. G. Tirmann“, wahrscheinlich der spätere Pastor Tirmann zu Dannigkow, mehrfach als engagierter Kirchenmann gerühmt. – „Halle, 9. 4. 1763 J. G. Holtzapfel aus dem Waldeckischen“: Johann Georg Holtzapfel (1739-1804) wirkte als Musikschriftsteller und Komponist u.a. in Nürnberg und Regensburg. – „Wettin, 7. 4. 1763 Ernst Christoph Reger chirurgus“: Der Wettiner Stadtchirurg wohnte um 1777 in einem Haus bei der St. Nicolai-Kirche. – „Magdeburg, 15. 5. 1763 Heinrich Wilhelm Zumbrock aus Halle“, später Henry William Zumbrock, Kaufmann in London, von 1776 bis 1786 Agent der Buchhandlung Haude & Spener, ein Freund Georg Forsters, von Johann Reinhold Forster brieflich am 21. 9. 1784 Friedrich Nicolai empfohlen. – „Halle, 26. 4. 1765 Giov. Batta. Schiawetto“: Der Barometermacher, Erfinder des Schiavettoschen Reisebarometers und Mechanischer Instrumentenmacher bei der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften korrespondierte u.a mit Friedrich II. – „Halle, 30. 5. 1765 Joh. Nicolaus Zerener: Zerener (1723-1770) war der erste Doktorand von Andreas Elias Büchner (1701-1769) im Jahre 1745 und trat auch nach Eröffnung einer eigenen Praxis in Halle mit Veröffentlichungen hervor. – „Zerbst, 5. 11. 1774 J. A. Pakendorf“: Johann August Pakendorf studierte 1758 an der Universität Jena, promovierte 1765 an der Universität Halle mit einer Arbeit zur Irritabilitätslehre des Schweizer Aufklärers Albrecht von Haller (1708-1777). – Vgl. Denkschrift zur Feier des 50-jährigen Jubiläums der Anhalt-Dessauischen Pastoralgesellschaft am 12. 7. 1837; Renate Grumach, Goethe: Begegnungen und Gespäche 1800-1805, Seite 288; Hahn/Schmidt, Briefe an Goethe: 1802-1804, Seite 563; Oldenburger Jahrbuch, Band 64, 1965; siehe Mitteilungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte, 1907, Seite 271; Nationalzeitung der Deutschen, 1805, Gotha, Seite 651; Jennifer Willenberg, Distribution und Übersetzung englischen Schrifttums, 2008, Seite 206; Rita Lukoschik, Italienerinnen und Italiener am Hofe Friedrichs II., 1740-1786, 2008, Seite 256; Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Mathematisch-naturwissenschaftliche Reihe, Band 15, Ausgaben 1-6, 1966, S. 1114; Zahn-Mund-und Kieferheilkunde mit Zentralblatt, 1976, Band 64, Seite 46; Hubert Steinke, Irritating Experiments: Haller´s Concept and the European Controversy on Irratability and Sensibility, New York 2005, Seite Seite 181 ff. – Stellenweise leicht fleckig, Gelenke etwas locker, insgesamt jedoch gut erhaltenes, umfangreiches und liebevoll gestaltetes Stammbuch aus der Umgegend von Halle und Zerbst.